Erneute INTAX-Spende für IBIS e. V.

Der IBIS e. V. betreut seit dem vergangenen Sommer so viele Menschen wie noch nie zuvor. Nicht nur aufgrund der reinen Anzahl, sondern auch aufgrund der grausamen Erfahrung, die die Geflüchteten in ihrer alten Heimat und auf der Flucht gemacht haben, war es notwendig geworden, die Arbeit sowohl quantitativ als auch qualitativ zu erweitern.

Das war natürlich nur durch Spenden möglich, mit einer davon beteiligten wir uns bereits im vergangenen Dezember.

Anlässlich einer weiteren Spende, die INTAX-Geschäftsführer Jörg Hatscher am 11. Oktober an Uwe Erbel, Geschäftsführer des IBIS e. V., überreichte, gab der engagierte Verein einen kleinen Überblick, wie die Spendengelder verwendet werden und wem sie zugute kommen. Wir finden die Erzählung so beeindruckend, dass wir sie hier gerne wiedergeben:

Die Geschichte von Khalaf Mirz Dawed

Khalaf Mirza Dawed lebt jetzt in Oldenburg. Seine Fluchtgeschichte begann im August 2014 und scheint auch heute noch kein Ende zu nehmen.

Im Sommer 2014 griff der IS (sog. Islamischer Staat) Shingal, die Heimatstadt von Dawed, an. Shingal ist eine Stadt im Nordirak, die überwiegend jesidische Bewohner hat, und damit zum Anschlagsziel des IS geworden ist. Für die Anhänger des IS sind Menschen mit jesidischem Glauben Gottlose, die ist es zu töten gilt. Es scheint dabei zu einem Wettkampf geworden zu sein, wer mehr Jesiden tötet. Dawed hörte bei dem Angriff auf seine Stadt, wie sich die Soldaten mit der Anzahl ihrer Opfer brüsteten.

Der Aufbruch

Zunächst gelang es Dawed mit seiner Frau und ihren zehn Kindern, in ein Nachbardorf zu fliehen. Dort traf der Familienvater auf weitere jesidische Iraker, die die Lage nicht so hinnehmen wollten und eine Bürgerwehr gründeten. Sie trennten sich von ihren Familien und nahmen den Kampf mit dem IS auf. Doch gegen die gutausgerüsteten IS-Armee waren Dawed und seine Verbündeten machtlos. Die 70 Männer wurden gezwungen, sich in drei Reihen für ein Hinrichtungskommando aufzustellen – dann wurden wahllos Schüsse von 12 Anhängern der Terrormiliz auf sie abgefeuert. Wie durch ein Wunder überlebt Dawed dieses Massaker, obwohl ihn drei Kugeln trafen.

Mit acht weiteren Überlebenden machte er sich auf, um Schutz im Gebirge zu finden. Die Wunden stopfte er notdürftig mit Erde. Im Gebirge angelangt war die Angst vor neuen Anschlägen so groß, dass sich die Verletzen für drei Tage hinter einem Felsen versteckten und sich nur von Blättern ernährten. Auf ihrem weiteren Weg in die nächste Stadt, die noch nicht von dem IS eingenommen wurde, stießen sie auf ca. 3.000 weitere geflohene Jesiden. Zusammen mit einem Großteil von ihnen schaffte es Dawed bis zu einer syrischen Notunterkunft, in der seine Schussverletzungen von einem französischen Arzt behandelt wurden. Nach nur wenigen Tagen setzte er seinen beschwerlichen Marsch Richtung Deutschland fort.

Ankunft in Deutschland

Gezeichnet von den traumatischen Erlebnissen erreichte der Iraker Anfang März 2015 die Erstaufnahmestelle Friedland. Von hier aus wurde er nach Oldenburg gebracht, wo ihn die große jesidische Gemeinde aufnahm und unterstützte. Er erfuhr hier erstmals seit seiner Flucht ein Gefühl von Halt. Neben dem Beistand der Oldenburger Jesiden fand er Hilfe bei IBIS e. V. Er wurde bei Behördengängen begleitet und es wurde ihm ermöglicht, Deutsch zu lernen und an Integrationskursen teilzunehmen. Die Flüchtlingsberater des IBIS e. V. erreichten außerdem, dass Dawed operiert wurde und ihm die Kugeln aus dem Körper entfernt wurden. Darüber hinaus bieten sie eine psychosoziale Beratung an, die für den Iraker besonders wichtig ist, da er stark traumatisiert ist und ohne die Einnahme von Medikamenten nicht mehr schlafen kann.

Die Unsicherheit

Doch so wie es scheint, muss Dawed seinen Zufluchtsort erneut verlassen. Ihm wurden auf seiner Flucht Fingerabdrücke in Österreich genommen und nun soll er, wie das Dublin-Verfahren es verlangt, dorthin zurück. Obwohl er hier zum ersten Mal Zusammenhalt erfährt und gerade beginnt, seine traumatischen Erlebnisse aufzuarbeiten, soll er aus seinem Umfeld gerissen werden. Auch hier macht sich IBIS e. V. für die Belange von Dawed stark und versucht, eine Rückführung nach Österreich zu verhindern und eine Familienzusammenführung zu ermöglichen. Daweds Frau und ein Großteil der Kinder befinden sich noch in einem Zeltlager im Irak, in dem menschenunwürdige Zustände herrschen.

Die Zukunft

Wie die Behörden mit diesem Fall verfahren werden, ist ungewiss. Noch darf Khalaf Mirza Dawed in Oldenburg bleiben und darauf hoffen, hier ein neues Leben mit seiner Familie beginnen zu können. An seiner Seite stehen die jesidische Gemeinde Oldenburg und die Flüchtlingsberater von IBIS e. V., die sich um viele Einzelschicksale wie das von der Familie Dawed kümmern.

Die Geschichte von Khalaf Mirza Daweds Flucht zeigt, wie wichtig im Einzelfall Menschen und Organisationen sind, die Geflüchteten zur Seite stehen.

Seit dem vergangenen Sommer hat IBIS e. V. Hunderte von Geflüchteten in Oldenburg unterstützt. Dabei reicht die Hilfe von sozialer, psychosozialer und asylrechtlicher Beratung über Deutschkurse und Lernförderprogramme bis hin zur politischen Bildung und hilfreichen Projekten für geflüchtete Jugendliche oder speziellen Angeboten nur für Frauen.

IBIS e. V. hat sich über den langen Zeitraum von mehr als 20 Jahren zu einer Organisation entwickelt, die „den ganzen Blick“ auf Integration in Oldenburg hat und entsprechend umfassend beraten und helfen kann.

Mehr Information: www.ibis-ev.de

Zurück zur Übersicht